Jeder Lehrer kennt die Diskussionen über Noten vermutlich, das Feilschen um die bessere Note. Deshalb habe ich heute mal Tipps für transparentere Notengebung aufgeschrieben.
Grundlagen der Notengebung – Grundlagen für transparente Notengebung
In NRW beginnt die Notengebung in den Fachkonferenzen der einzelnen Fächer. Ich denke, dass es in anderen Ländern ähnlich ist: Die Fachkonferenz beschließt die Anteile von mündlichen und schriftlichen Leistungen, eine bestimmte Anzahl von Tests pro Zeitraum, die Anzahlen der Klassenarbeiten. Kurz: Alles, was relevant für die Endnote sein wird.
Im Laufe des Bewertungszeitraums (Quartal, Halbjahr, Trimester, etc.) werden die Leistungen der Schüler festgehalten. Natürlich ist dies eine subjektive Sache und auch wenn Lehrer im Laufe der Zeit eine gewisse Beurteilungskompetenz erlangen, wird dies vermutlich auch immer so bleiben. Wir können nicht in die Schülerköpfe schauen und reagieren auf bestimmte Anzeichen wie Aufmerksamkeit positiver als auf Malen oder aus dem Fenster schauen. Ebenso ist jede Note nur eine Momentaufnahme. Jeder Mensch hat mal einen schlechten Tag. Vielleicht gab es vor der Stunde Streit. Daher ist es gut, dass die Noten über einen längeren Zeitraum gesammelt und dann gemittelt werden.
Manche Lehrer notieren sich ihre Noten nach jeder Stunde, andere alle paar Stunden und manche nach größeren zusammenhängenden Einheiten. Manche Lehrer nutzen Punkte, die Noten 1 bis 6 mit oder ohne Tendenzen, Abstufungen wie +, o, – oder andere Varianten.
Im Schulgesetz des Landes NRW (§ 44) steht, dass Schüler ein Recht auf Kenntnis ihres Leistungsstandes haben. Außerdem haben sie ein Recht, einzelne Beurteilungen erklärt zu bekommen. Und hier ist ein Knackpunkt der Transparenz.
01 – Nimm dir Zeit zur Notengebung
Wenn die Frage kommt, wie ein Schüler in der Stunde mitgearbeitet hat, erbitte dir Zeit. Viel zu leicht sagte ich in der Vergangenheit „War okay.“, „War ganz gut.“ oder aufgrund der Situation zwischen Tür und Angel habe ich einen Schnelldurchlauf der Stunde gemacht und mir etwas notiert.
Heute bitte ich um etwas Zeit, damit ich das für alle aufschreiben kann oder ich sage, dass ich zu dieser einzelnen Stunde, sondern zur Einheit oder der Reihe eine Note geben werde.
Wenn ich mir nicht während der Stunde Notizen gemacht habe, kann ich dazu nicht immer etwas Qualifiziertes sagen und auch mit Notizen sind solche Aussagen oft Schnellschüsse. Und „War okay.“ ist beispielsweise für den Schüler keine transparente Aussage und ich weiß nicht, ob er darunter das selbe versteht wie ich.
Was du sagst, sollte Hand und Fuß haben. Zeige Verbesserungspotenzial auf und nenne auch Grenzen, die du aufgrund der derzeitigen Leistungsbereitschaft siehst. Klarheit ist ebenso wichtig wie Transparenz.
02 – Noten ändern sich nicht so schnell
Aufgrund einer einzelnen Stunde wird sich die Zeugnisnote nicht dramatisch ändern. Die meisten Fachlehrer haben im Halbjahr von 20 Schulwochen etwa 40 bis 80 Stunden Unterricht in einer Lerngruppe. Dazu kommen schriftliche Abgaben, Tests, Klassenarbeiten, Hausaufgaben, Lernzielkontrollen, nicht erbrachte Leistungen.
Je mehr Teilleistungen du dir notierst, umso weniger wird eine einzelne Stunde noch Einfluss auf die Gesamtnote haben. Das kann positiv sein, aber auch negativ aus Sicht der Schüler, denn selbst mit einem Referat oder zwei Wochen hervorragender Mitarbeit ist es nahezu unmöglich, die Note um eine ganze Note zu verbessern.
Diesen Umstand solltest du Schülern auch immer wieder bewusst machen. Vor allem sollen sich die Schüler Noten notieren, wenn du sie ihnen sagst.
03 – Teile den Schülern deine Erwartungen und Notengebung mit
Ich erkläre meinen Schülern zu Beginn des Halbjahres immer, wie sich die Note zusammensetzt und wie ich meine Noten mache: Ich schreibe mir regelmäßig, aber nicht jede Stunde, Noten auf.
Schüler, die anwesend sind, ihr Material dabei haben und mitarbeiten erhalten ein ausreichend. Sind sie nicht vorbereitet, ist das mangelhaft, aber kann im Laufe der Stunde noch einmal ausgebessert werden. Aktive Mitarbeit im Unterricht und Stichproben der Arbeitsergebnisse können die Note verbessern. Dabei schaue ich mir durchaus an, ob die Beiträge einen höheren Anspruch hatten oder eher Wiedergabe von altem Wissen waren.
Es ist zwar kein Drama, wenn man mal eine Stunde nicht gut mitmacht. Aber eine sehr gute Note auf dem Zeugnis zu bekommen, ist eben auch nicht so einfach. Aber das soll sie ja auch nicht sein.
04 – Wie oft soll ich über den Leistungsstand informieren?
Die Schüler haben das Recht auf Information über ihren aktuellen Leistungsstand. Ich kann allerdings nicht nach jeder Stunde jedem Schüler mitteilen, wie seine Mitarbeit in der letzten Stunde war und wie seine aktuelle Note ist.
Von daher gibt es neben den Zeugnissen noch die Quartalsnoten, die bei uns beispielsweise an den Elternsprechtag gekoppelt sind.
In schriftlichen Fächern kommen die Klassenarbeiten hinzu und natürlich in allen Fächern Tests und andere Benotungen, die festgehalten werden.
Trotzdem reicht es meiner Erfahrung nach oft nicht, den Schülern mit den zwischenzeitlichen Rückmeldungen ein transparentes Bild über ihre Noten zu geben.
Natürlich liegt es auch in der Natur der Sache, dass Schüler feilschen und am Ende des Beurteilungszeitraums noch einmal versuchen, mit Referaten und besonderen Aufgaben sowie einer gesteigerten Beteiligung „alles“ zu wenden und auf bessere Noten zu kommen.
Das bedeutet aber auch, dass ich vorher Transparenz und Klarheit vermitteln musst. Keine schwammigen Noten, keine kryptischen Umschreibungen und keine Hoffnung machen, wo keine Hoffnung ist. Das klingt jetzt hart und unpädagogisch, aber Noten sind Leistung und solange wir eine Leistung in Noten messen müssen, sollten wir dies auch tun und ausschöpfen.
In meiner Zeit in der Grundschule konnte ich tatsächlich die Leistungen der Schüler viel differenzierter und als Entwicklung betrachten und natürlich habe ich in der weiterführenden Schule auch Möglichkeiten, eine Entwicklung nachzuzeichnen und Fortschritte beispielsweise mit in die Note einfließen zu lassen.
Daher ist eine regelmäßige Information auch wichtig. Nicht nur, wenn die Schüler diese einfordern.
05 – 3 Tipps für transparente Notengebung
Abgesehen von den bisherigen Tipps und vor allem der Formulierung von Leistungserwartungen und der Klarheit des Leistungsstandes, lassen sich mit einfachen Mitteln Noten noch transparenter für Schüler machen.
Schreibe Noten unter Leistungen
Schreibe eine Note unter jede schriftliche Leistung, die du einsammelst und kontrollierst. Wenn du mit Moodle arbeitest, bewerte die Abgaben auf jeden Fall. Du kannst auch regelmäßig den aktuellen Notenstand zur Note schreiben.
So kannst du beispielsweise unter eine Klassenarbeit auch die aktuelle Gesamtnote schreiben. Das kann vor allem bei Ausreißern gut sein, wenn diese sich wegen einer schlechten Klausur Sorgen machen.
Durch die regelmäßigen Rückmeldungen erhalten die Schüler eine genauere und klare Rückmeldung über ihre Leistungsentwicklung und können bei Bedarf gegensteuern. Außerdem ist diese Methode sehr zeiteffizient.
Mache eine monatliche Notenkonferenz
Noten sollen nicht öffentlich bekannt gegeben werden, da Schüler ihr Gesicht verlieren können. Allerdings kannst du versuchen, die regelmäßig in Arbeitsphasen Schüler bei Seite zu nehmen und ihnen eine Note zu nennen.
Sorge dafür, dass die Schüler diese Note auch aufschreiben. Eine Unterschrift der Eltern ist nicht notwendig, aber je öfter du das machst, umso weniger aufwändig wird es auf Dauer.
Alternativ kannst du auch den Schülern einen Bogen vorbereiten, wo du zu bestimmten Zeitpunkten die Noten aufschreibst. Das ist natürlich ein bisschen Aufwand, aber mit digitalen Notenplanern gar nicht so viel mehr, da du den Schülern im Prinzip eine PDF Datei vorbereiten kannst.
Du könntest auch eine Tabelle erstellen, in der du einmal im Monat die aktuelle Note einträgst. So können die Schüler dann auch ihre Entwicklung sehen und haben einen überschaubaren Zeitraum, der leichter nachzuverfolgen ist als drei oder gar sechs Monate.
Das bedeutet einmal im Monat Aufwand, aber ist für Zeugnisnoten, Elterngespräche, Elternsprechtage, Schülersprechtage und Widersprüche Gold wert.
Sprich mit Schülern über ihre Einschätzung
Viele Lehrer fragen Schüler gerne nach ihrer Einschätzung und es zeigt sich oft, dass ehrgeizige Schüler sich oft schlechter einschätzen. Durchschnittliche Schüler haben auch oft die Tendenz, sich etwas schlechter einzuschätzen, was auch manchmal an der mangelnden Sicherheit liegt. Schwächere Schüler können sich nach meiner Erfahrung oft überhaupt nicht einschätzen. Ihnen ist nicht klar, was eine gute oder eine mangelhafte Leistung ist.
Es kann also sein, dass deine Fremdeinschätzung von der Selbsteinschätzung abweicht. Rede mit den Schülern darüber und erkläre ihnen auch, wo sie ihre Wahrnehmung aus deiner Sicht verändern können. Vor allem der letzte Schritt ist in meiner Sicht ein Schritt zu verantwortungsvollen und selbstbestimmten Lernern. Denn auch das Verstehen und Einschätzen von Leistungsbeurteilungen ist eine Kunst für sich.
06 – Die Normalverteilung und gute Noten
Ein Wort zur Normalverteilung von Noten an dieser Stelle. Ich bemerke, dass viele Lehrer gute Noten geben. Das freut die Schüler und die Eltern. Es sorgt aber auch dafür, dass die Luft oben immer dünner wird. Abiturienten verzweifeln heutzutage ohne eine 1 vor dem Komma teilweise. Ich bin froh, wenn meine Klassenarbeiten eine Normalverteilung als Schnitt haben:
- Wenige gute und sehr gute Noten.
- Viele befriedigende und ausreichende Noten.
- Wenige mangelhafte und ungenügende Noten.
Tatsächlich vergebe ich selten die Note „sehr gut“ und fast nie die Note „ungenügend“. solange die Schüler sich ungefähr in der Normalverteilung bewegen, kann ich von einer angemessenen Leistungserwartung in Relation zum Stoff ausgehen.
Da ich an der Realschule unterrichte ist mein Maßstab natürlich der Lernstand 8 oder die ZP 10.
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